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Häusersammler #1: Interview mit Daniel Burckhardt, «Sammler» historischer Wohnbauten

21. Oktober 2021

Bei Domus Antiqua Helvetica oder bei Gleichgesinnten gibt es Privatpersonen, die sich ein «Portfolio» von historischen Häusern anlegen. Unabhängig von gängigen Renditeüberlegungen erwerben sie für sich bedeutende Altbauten, um sie vor dem Abbruch oder vor dem Verfall zu retten, um sie zu restaurieren, und um sie dann ihren ursprünglichen oder neuen Zwecken zuzuführen.
Einer der sich selber spontan als «Häusersammler» bezeichnen lässt, ist Daniel Burckhardt, selbständiger Architekt in Basel und Vizepräsident der neuen Domus-Sektion beider Basel. Für sein besonderes Immobilien-Portfolio hat er bisher ein gutes Dutzend historischer Häuser gekauft. Hinter solchem Akkumulieren von alten Wohnimmobilien steht eine besondere Leidenschaft. Im Interview mit Benno Schubiger, Kommunikationsverantwortlicher von Domus Antiqua Helvetica, gibt Daniel Burckhardt Auskunft.

DAH: Es ist eher ungewöhnlich, dass sich ein Architekt mehrere historische Bauten zusammenkauft. Wie ist es dazu gekommen?

DB: Durch meine Leidenschaft zu alten, oftmals vernachlässigten Häusern. Ich habe in meiner Jugend miterlebt, wie viele der schönen Villen im Basler Gellertquartier abgebrochen wurden, was mich damals sehr bewegte und den Wunsch in mir befeuerte, alte Häuser zu retten und zu sanieren. Deshalb auch mein Werdegang zum Architekten mit Spezialisierung auf Renovationen von historischen Gebäuden. So kam eines zum anderen: Nach dem Studium kaufte ich mein erstes Haus, eine Schmitte aus dem Jahr 1837, und ich begann mit deren eigenhändigen Renovation. Später sind mir dann weitere Häuser angeboten worden oder haben mein Interesse geweckt. Heute umfasst die „Sammlung" ein gutes Dutzend Häuser, vom Chalet in den Bergen (datiert 1579) oder einer alten Mühle (erbaut um 1580), über eine kleine Anzahl Barockbauten aus dem 18. Jahrhundert, einige Ökonomiegebäude aus dem frühen 19. Jahrhundert, die Schmitte von 1837, eine Jugendstilvilla, bis hin zu einer ehemaligen Seidenbandweberei von 1920, erbaut vom bedeutendsten BSA-Architekten seiner Zeit im Kanton Basel-Landschaft.

DAH: Du kaufst Häuser nicht ins Blaue hinaus, sondern nach bestimmten Kriterien und Standards. Bitte schildere uns, nach welchen Gesichtspunkten Du Deine historischen Bauten auswählst und Deiner Sammlung einverleibst.

DB: Als erstes muss es eine historisch interessante Liegenschaft sein. Weiter muss noch möglichst viel Originalsubstanz vorhanden sein, die man wieder zu neuem Leben erwecken kann. Natürlich müssen auch die Lage und das Umfeld stimmig sein und mich ansprechen. Das geht ganz aus dem Bauch heraus; das ist wie Liebe auf den ersten Blick.

DAH: Löst die Beschäftigung mit historischen Wohnbauten bestimmte Gefühle aus, z.B. bei der Auswahl dieser Häuser oder wenn Du alte Bausubstanz restaurierst?

DB: Ja, das ist wirklich ein ganz besonderes Gefühl. Genauer: Es sind da mehrere Gefühle im Spiel. Zuerst das Erkunden und Freilegen von Spuren und alten Ausbauten. Da kommt ein Gefühl des Abenteuers auf, ähnlich dem des Archäologen beim Ausgraben eines Artefaktes. Dann bei der Projektierung: Da kann ich auf meinen reichen Erfahrungsschatz zugreifen und das Projekt in seine auszuführende Form bringen. Das ist eigentlich die schönste Arbeit des Architekten. Und bei der Ausführung des Projektes ist es wunderschön zu sehen, wie das Objekt seine endgültigen Formen annimmt. Auch dies ist ein sehr erfüllendes Gefühl.

DAH: Kannst Du von spezifischen Erfahrungen mit Behörden, z.B. auch mit der Denkmalpflege, berichten, die Du im Zusammenhang mit Deinen alten Häusern gemacht hast?

DB: Ich pflege einen sehr guten Kontakt zu den Behörden, besonders zur Denkmalpflege. Ich empfinde die Zusammenarbeit als angenehm und befruchtend. Man kann von deren Erfahrung profitieren und erhält meist hilfreiche Unterstützung. 

DAH: Gedenkst Du, Dein Hobby des «Häusersammelns» weiterzupflegen oder willst es beim jetzigen Stand Deiner Kollektion belassen?

DB: Einem Jäger und Sammler fällt es schwer, einer Versuchung zu widerstehen ...!

DAH: Magst Du unserer Leserschaft zum Schluss noch von einem besonderen Erlebnis im Zusammenhang mit Deiner Sammlerleidenschaft berichten?

DB: Ein besonderes Erlebnis gibt es hier nicht. Jedes Haus ist eine neue Herausforderung, die neue Überraschungen mit sich bringt. In jedem Projekt hat es Höhen und Tiefen, einmal mehr, einmal weniger. Aber ich habe jedes meiner Projekte mit Leidenschaft bearbeitet. Einige warten noch auf die Vollendung ...

 

Daniel Burckhardt, 1966 in Basel geboren, ist Dipl. Architekt ETH/SIA mit eigenem Büro in Basel. Er ist seit 1999 Mitglied von Domus Antiqua Helvetica. Bis zur kürzlichen Fusion der beiden Sektionen Basel-Stadt und Basel-Landschaft zur Sektion beider Basel, wo er nun als Vizepräsident amtet, war er Kantonaldelegierter für den Kanton Basel-Landschaft.